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EXKURS







"Im Westen nichts neues?"

 

LUST UND LEIDENSCHAFT

Historisch und kulturphilosophisch reflektiert, waren "Sinn und Spass" (auch als Lust und Leidenschaft), in der Entwicklung Deutschlands und Europas nicht immer dermassen reduziert, bzw. als "Warenverkehr" pervertiert, wie in der Gegenwart. Noch im Mittelalter war die "Arbeitslust" der Menschen begrenzt. Das "protestantische Arbeitsethos" ist ja nicht zuletzt von Luther zur Eindämmung und Beendigung der Bauernkriege entworfen worden, um den Feudalherren zu helfen, die Bauern zurück an die Arbeit zu bringen, anstatt sie weiter "für ihre Befreiung von Knechtschaft kämpfend" durchs Land ziehen zu lassen. Er meinte es vermutlich gut und wollte helfen "Ordnung wiederherzustellen". Dafür wurde die Arbeit einfach "geadelt" aber umgekehrt, "der Müssigang des Adels", nicht vergesellschaftet! Eine List der Herrschenden unterstützt mit doppelt klerikalen Eingriff - sowohl von katholischer wie auch von protestantischer Seite.


ARBEIT = MÜHSAL UND PLACKEREI!

Die Bauern wussten derzeit noch ganz genau um den Ursprung des Begriffs der Arbeit, der aus dem germanischen "arbetere" stammt und "Mühsal und Plackerei" bedeutet. Vergleichbar mit dem slavischen Wort "rabota" was heisst: "Sklaverei und Knechtschaft". Sie erfuhren es allzu deutlich "am eigenen Leibe" und wollten sich davon befreien. Mit der sukzessiven Auflösung der feudalen Strukturen, als Kampf von Bauern, Händlern und Handwerkern gegen diese, verlieren besonders die Bauern ihren Lehen (das geliehene Land zur Bewirtschaftung). Nicht mehr die Früchte der Landwirtschaft können sie fortan zum Markt tragen. Zurück bleibt nur noch ihre "Arbeitskraft als Ware", die sie jetzt in Handel, Gewerbe und der aufkommenden Industriegesellschaft als "Tauschwert zu Markte tragen können".

Mit der Durchsetzung der Industrialisierung setzt sich auch die Trennung von Arbeit und Freizeit durch. Sowohl als Raum (hier wohnen - dort arbeiten), wie auch als Zeit (Arbeitszeit und Freizeit). Die Staaten - einschliesslich Deutschland - verfassen sich demokratisch und werden zu einer mehr oder weniger liberal oder sozial geprägten Demokratie und Marktwirtschaft. Der Hauptanteil von Lebenszeit wird jetzt auf die Arbeit verwendet. Einerseits aufgrund der Notwendigkeit zu überleben, andererseits aufgrund der "Verführung" die Produkte zu kaufen und zu konsumieren.

"Das Überleben ist das auf die Gebote der Ökonomie reduzierte Leben." (...) "Die ökonomischen Gebote konvertieren jeden Menschen zu einem lebenden Chronometer. Kennzeichen am Handgelenk. Dies ist die Zeit der Arbeit, des Fortschritts, der Leistung, die Zeit der Produktion, des Konsums, des "planning"; die Zeit des Spektakels, die Zeit eines Kusses, eines Klischees, eine Zeit für jede Sache ("time is money").
Die Waren-Zeit. Die Zeit des Überlebens.
(Raoul Vaneigem)


Feudalherren, Bauern, Händler und Gewerbe haben sich in der Gegenwart in politische Parteien und Unternehmer und in die "Masse der Werktätigen" transformiert, die "analog zur Geschichte" gemeinsam Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungen mehr oder weniger "digital" betreiben.

"Die ewige Wiederkehr des Gleichen"
(F. Nietzsche)